Neumeyer, Alfred                                     (Kunsthistoriker, Emigrant)

* 7.1.1901                                                 +

V: Universitätsprofessor

abs. 1920

 

(JB WG)

 

 

Neumeyer, Alfred                                     Kunsthistoriker und Schriftsteller

* 7.1.1901 München                                 + 24.1.1973 Oakland /USA

V: Karl (1869-1941), Rechtswissenschaftler  M: Anna, geb. Hirschhorn

verh.: 1926 Eva Maria, geb. Kirchheim

1 Sohn

 

Im Spannungsfeld zwischen der pflichtbewußten Arbeitsaskese des Vaters und dem kunstsinnigen Naturell der Mutter entwickelte N. einen intuitiven wie reflektierenden “Sinn des sehenden Verstehens”. Ein ausgeprägter Bildungshunger wies ihm, der in München 1912-14 das Ludwigs-, danach bis 1920 das Wilhelmsgymnasium besucht hatte, den Weg zum Studium der Philosophie und Kunstgeschichte in München und Berlin. Nach einem Stipendiatenjahr am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz hospitierte er 1926 als Voluntärassistent an der Hamburger Kunsthalle sowie 1927 am Berliner Kupferstichkabinett und promovierte 1828 bei Adolph Goldschmidt zum Dr. phil.  Nach einem weiteren Aufenthalt als Stipendiat des Kaiser-Wilhelm-Instituts an der Bibliotheca Hertziana fand N. 1930 seine erste Festanstellung als Leiter der neuen Pressestelle der Staatlichen Museen zu Berlin. Parallel dazu arbeitete er an einer von Aby Warburg inspirierten Studie über die Aquarellreproduktionen italienischer Renaissancegemälde des Trierer Romantikers Anton Ramboux, mit der sich, wiederum bei Goldschmidt, im Frühjahr 1931 habilitierte. Wegen seiner jüdischen Herkunft 1933 entlassen, durfte er jedoch aufgrund seiner  von bündischen Jugendidealen motivierten Angehörigkeit zum Freikorps Epp (1919) noch bis 1935 weitgehend unbehelligt als Privatdozent an der Berliner Universität lehren.

 

1935 nahm N. das Angebot einer Dozentur am Mills College in Kalifornien an und blieb dort bis 1966 Professor für Kunstgeschichte. 1937-61 war er zugleich Leiter der dortigen Art Gallery, für die er eine Sammlung moderner Graphik aufbaute. Mit einem breit angelegten, von amerikanischer über deutsche Kunstgeschichte bis hin zu indianischer Malerei reichenden Themenrepertoire gelang es N., sich auch in den USA Geltung zu verschaffen. Er war Gastprofessor u.a. in Harvard, Berkely und Stanford, außerdem Fellow der Guggenheim-, Fulbright- und Ford-Stiftungen und wirkte in den Leitungsgremien verschiedener Fachtagungen, kunsthistorischer Vereine und Verbände mit – so etwa im Board of Directors of the College Art Association of America. Seine schriftstellerischen Aktivitäten, aus denen u.a. das 1932/33 unter der Regie von Jürgen Fehling am Berliner Schiller-Theater aufgeführte Drama “Die Herde sucht” (1932) hervorgegangen war, konnte N. in der englischsprachigen Umgebung nicht fortführen.

 

N´s Verbindungen zu den engen Freunden Carl Georg Heise (1890-1979), der ihm die klassische Moderne erschlossen, und Romano Guardini (1885-1968) der ihm den Weg zum Katholizismus gewiesen hatte, sowie einer Vielzahl von früheren Kollegen und Bekannten hatten über die Emigration hinaus Bestand.  Die Hauptwerke seines Oevres publizierte N. in Deutschland.  Seit 1952 lehrte er zudem wiederholt als Gastdozent an der FU Berlin und in Heidelberg.

 

W (weitere):

 

             Ausrast und Wanderschaft (Gedichte), 1925

 

Die Erweckung der Gotik in der deutschen Kunst des späten 18.Jh., Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Romantik, Diss. Berlin 1928

 

             Dürer, 1929

 

             Nourraine, der Geschichtenerzähler (Novelle), 1933/34

 

             Josef Scharl, introduced by A. N., 1945/1964

 

             Cézanne´s Drawings, 1958

 

             Glanz des Schönen, Gespräche mit Bildern, 1959

 

             Die Kunst in unserer Zeit, Versuch einer Deutung, 1961 (auch engl.)

 

             Der Blick aus dem Bilde, 1964

 

             Filippo Lippi, Anbetung des Kindes, Einf. v. A. N., 1964

 

             Lichter und Schatten, Eine Jugend in Deutschland (Autobiographie), 1967

 

Geschichte der amerikanischen Malerei, Von der kolonialen Frühzeit bis zur naiven Malerei im 18. u. 19. Jahrhundert, 1974

 

             Gesammelte Schriften, 1977

 

L:         C.G.Heise, in: Kunstchronik 26, 1973, S. 155 f.; FAZ v.27.1.1973; H.Kaufmann, Geist u.Formkultur, in: FAZ v.9.2.1973; Who´s who in American Art, 1966; BhdE II.

 

(NDB 19, 173)