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Allerhöchste Entschließung vom 11.August 1810
 
 

Königreich Baiern

Ministerium des Innern
 
 

Auf Befehl seiner Majestät des Königs der Staats Minister Graf von Montgelas

An

den Vorstand der Studien Section von Zentner
 
 
 

Dem Vorstande der Studien-Section bey dem k.geheimen Ministerium des Innern wird der Auftrag ertheilet, nach dem protokollarmäßigen Resultate der Untersuchung über die Beschwerde des Professors der oberen Mittel Klasse an dem Gymnasium dahier Friedrich Thiersch, und die zu gleicher Zeit eingekommene amtliche Anzeigen des Directors der hiesigen Studien Anstalt, des Akademikers Weiller, - mit Beyziehung des für diese Sache ernannten Commissairs, Ober Studien Raths Hobmann, folgende allerhöchste Beschlüsse den Betheiligten bekannt zu machen:

I

Dem Professor Thiersch wird verwiesen, daß derselbe gegen die bestandene Ordnung zwey außerordentliche Stunden eigenmächtig und ohne Beystimmung des Rectorats als gesetzliche eingeführt, und die von Seite des Directors ihm darüber zugegangene Erinnerungen, wie seine Pflicht gewesen wäre, nicht geachtet, sondern vielmehr daher einen Anlaß genommen hat, den Director Weiller einer Aufhetzung seiner Schüler zu beschuldigen, wo im Gegentheile die Akten zeigen, daß Director Weiller in allen seinen Aeußerungen an die Schüler, auf ihre angebrachte Beschwerde des Professors Ehre möglichst zu schonen und diese Sache dahin einzuleiten gesucht hat, daß der Professor selbst, ohne sich zu kompromittiren, den Beschwerden seiner Schüler hätte abhelfen können.

II

Demselben soll dabey eröffnet werden, daß sein rühmliches Bestreben, das philologische Studium, insbesondere der griechischen Sprache und Literatur, bey seiner Klasse zu befördern nicht mißkannt werde, daß dieses aber nicht zum Nachtheile anderer nothwendiger und nützlicher Lehrgegenstände, und auf eine solche Art betrieben werden dürfe, daß dadurch eine Abneigung dagegen bewirkt werde, welches nothwendig entstehen müsse, wenn dabey auf die verschiedenen Anlagen und Vorkenntnisse der Schüler die gehörige Rücksicht nicht genommen wird, - daß man hiernach von ihm erwarte:

daß Er künftig seine Aufmerksamkeit mit gleichem Eifer auf alle vorgeschriebene Lehrgegenstände, mit Rücksicht auf Talente und die Vorkenntnisse seiner Schüler, erstreken, und die von ihm eingeführte außerordentliche Stunde als freye - für die bessern und fleißigern Schüler behandeln werde.

Zugleich ist genanntem Professor ein anständigeres und würdigeres Benehmen gegen seine Schüler bey der Bestraffung ihrer Fehler, dann die Beobachtung der schuldigen Achtung gegen den Vorstand der Studien Anstalt, so wie eine sorgfältige Vermeidung aller Anlässe zu empfehlen, wodurch die zur Erreichung des Hauptzweckes nothwendige Eintracht unter den Lehrern gestört werden könnte.

III

Da Klagen, welche im Namen einer ganzen Klasse geführt werden, gewöhnlich das Werk nur einiger unruhiger Köpfe und Aufwiegler oder Arbeit-scheuen Schüler sind, und wenn ihnen öfters Gehör gegeben wird, dadurch bey zahlreichen Versammlungen junger Leute gar leicht zur Ausführung schlechter Absichten der mindern aber kühneren Zahl Complotten sich bilden können, so sollen künftig von den Rectoraten dergleichen im Namen aller schriftlich oder mündlich angebrachte Beschwerden allezeit zurückgewiesen werden, den Rectoraten bleibt aber nach ihren Pflichten überlassen, den Gegenstand der Klage durch Vernehmung einiger Schüler, welche nach ihrem geprüften Betragen Vertrauen verdienen, zu untersuchen, und das Geeignete darauf von Amts wegen selbst zu veranlassen oder zu verfügen.

IV

Der Pedell Thürmer ist zwar einer absichtlichen Aufstiftung der Schüler der Ober Mittel Klasse, wie Professor Thiersch ihn angeklagt hat, nicht überwiesen, da jedoch derselbe unbesonnener Aeusserungen gegen diese Schüler sich schuldig gemacht hat, so soll ihm dieses ernstlich verwiesen, und derselbe auf die genaueste Beobachtung seiner Amts Instruction und schuldigen Achtung gegen die angestellten Lehrer, unter Bedrohung einer schärfern Ahndung, angewiesen werden.

V

Über die Vollziehung dieses Auftrages soll berichtliche Anzeige gemacht werden.
 

München, am 11.August 1810